Frankfurter Messe

Der dritte Band aus Roman Kempfs erfolgreicher historischer Krimireihe um den Benediktinerpater Abel.

Seit dem Mittelalter war die Frankfurter Messe ein europäisches Großereignis, das Kaufleute und Besucher aus allen Ecken des Erdteils anlockte. An Rhein und Main bot das halbjährlich stattfindende Spektakel der Bevölkerung die Gelegenheit, in unterschiedlicher Form an den internationalen Strömen von Waren, Geld und Menschen zu partizipieren. So gab die Messe gleichermaßen Impulse für geschäftliche Expansion wie für verbrecherische Unternehmungen.

Zur Herbstmesse 1786 sucht der junge Benediktinerpater und Cellerar Abel aus dem Kloster Amorbach im Odenwald das Risiko eines Messeauftritts in Frankfurt. Als wirtschaftlicher Leiter der prosperierenden Abtei realisiert er einen gewagten Plan: Mit dem Miltenberger Mainschiffer Gottfried Wolter lässt Abel ein Frachtschiff zimmern, das Frankenwein aus dem Mainviereck an den Messeplatz Frankfurt bringen kann. Der günstige Flussweg soll dem Kloster neue, lukrative Handelsgelegenheiten erschließen.

Doch die gemeinsame Jungfernfahrt des neuen Handelsschiffes „Sancta Maria“ endet in einer Katastrophe. Bei Offenbach wird Abels Kompagnon Wolter tödliches Opfer eines Überfalls maskierter Erpresser. Die Täter fliehen unerkannt im Dunst des Flusses. Nur mühsam erreicht Abel mit dem Schiffsknecht die Mainlände in Frankfurt.

Im wenig durchschaubaren Messetreiben beginnt Abel die Suche nach den Tätern. Der befreundete Prior des Karmeliterklosters hat keinen Rat, der Leutnant der Hauptwache und der Zunftmeister der Schiffer verhalten sich seltsam. Abel ermittelt, wobei er die anstehenden Messegeschäfte erledigt, im Fischerviertel und in der Judengasse, in Spelunken und Fürstenherbergen, auf den Märkten und im Dom. Halb unfreiwillig gelangt er auch ins Komödienhaus, wo ein wildes Ritterstück eines jungen Frankfurter Dichters namens Goethe gegeben wird.

Besondere Erfahrungen sammelt Pater Abel bei seinen Recherchen auf den berüchtigten Weinschiffen sowie in bestimmten Sachsenhäuser Etablissements. Allmählich wird klar, dass die Spur der Maskenbande in höchste gesellschaftliche Kreise führt. Endlich treffen der befreundete Miltenberger Kaufmann Lothar Gutekunst und seine hübsche Tochter Marie in Frankfurt ein.

„Frankfurter Messe“, der dritte Band der erfolgreichen historischen Krimireihe um den jungen Benediktinerpater Abel, führt ins pralle Großstadtleben des späten 18. Jahrhunderts. Sorgfältig recherchierte Szenarien vermitteln sinnlich und direkt den Alltag der Messemetropole am Main. Gerüche verführen und schlagen plötzlich in Ekel um. Hinter turbulentem Geschehen öffnen sich Türen in verschwiegene Räume, nach Einbruch der Dunkelheit spenden nur noch Laternenfunzeln Licht – und zuletzt hat alles in dieser Stadt seinen Preis...

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Nach Frankfurt floss nicht nur Mainwasser, sondern auch hektoliterweise süffiger Wein

Über den Handel zwischen Miltenberg und der ehemaligen Reichsstadt Frankfurt

„Georg, ich sehe Miltenberg brennen“, ließ Johann Wolfgang von Goethe seinen Helden Götz von Berlichingen im letzten Akt seines Dramas rufen und verschaffte damit der kleinen Stadt am Mainviereck irrtümlich einen Platz in der Weltliteratur, denn 1525 hatten die aufständischen Bauern die Burg Wildenberg (bei Amorbach) in Brand gesteckt und nicht die Stadt Miltenberg.
Goethe schrieb sein Drama 1773. Damals war für ihn als Frankfurter Bürger der Name Miltenberg selbstverständlich ein Begriff, während er die Burgruine im Odenwald kaum gekannt haben dürfte. Denn Miltenberg und sein unmittelbares Umland hatten im Alten Reich, das 1806 unterging, wohl noch intensivere Beziehungen zu Frankfurt als heutzutage.

Zwei Handelswege
Städte waren durch zwei wichtige Handelswege verbunden. Der eine war natürlich der Main. Der andere war die bedeutende Nordwest - Südostverbindung von den Niederlanden über Frankfurt – Miltenberg - Nürnberg nach Wien oder über Miltenberg – Tauberbischofs-heim nach Augsburg. Auf der traditionellen Geleitstraße über Miltenberg wurden vor jeder Königswahl in Frankfurt die Reichsinsignien aus der Nürnberger Burg herangebracht. Die Stadt am Mainknie war Etappenort und das bekannte Gasthaus zum Riesen die bevorzugte Herberge der Geleitsmannschaft.

Im Jahr 1336 tauchte zum ersten Mal ein Miltenberger in den Frankfurter Unterlagen auf. Er hieß Gerhard und war bezeichnenderweise Steinmetz. Das verweist auf die Geschäftsbeziehungen zwischen den beiden Städten, beziehungsweise zwischen der Reichsstadt und dem ganzen Miltenberger Raum. Denn der in großen Mengen mainabwärts verbrachte Miltenberger Sandstein entstammte nicht ausschließlich den Brüchen der Stadt Miltenberg, sondern war der Sammelbegriff für den am südwestlichen Mainviereck gewonnenen Stein.
Der Bürgstadt gegenüberliegende Steinbruch ist auf der Pfinzigkarte von 1594 eingezeichnet. Er dürfte erheblich älter sein und schon im 15. Jahrhundert Steine für den Bau des Frankfurter Bartholomäusstiftes (heute Frankfurter Dom) geliefert haben, dessen Turm zwischen 1443 und 1511 weitgehend aus Miltenberger Sandstein aufgeführt worden ist.

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Miltenberger Pflaster
Hiesige Schiffer lieferten auch Treppen und behauene Steine und Platten für den Bau. Dass dabei das Miltenberger Kastell Altstadt als Steinlieferant herhalten musste, zeigte sich beim Brand des Frankfurter Doms 1867, als man beim Abbruch des ruinösen Turmes einen Gesimsstein fand, der eindeutig als Fragment eines römischen Weihealtars zu identifizieren war, der in Miltenberg gestanden haben muss. 1501 ließ der Frankfurter Rat den Rossmarkt mit Miltenberger Pflaster belegen.
Diese Geschäftsbeziehungen zu Frankfurt schwankten zwar im Laufe der Jahrhunderte je nach Bautätigkeit und Beliebtheit des Sandsteines als Baumaterial, sie existieren aber noch heute. Die Sandsteinverarbeitung vom Miltenberger Mainknie genießt in Frankfurt hohes Ansehen.
Ganz wichtig für die Gegend am Mainviereck waren die Weinlieferungen nach Frankfurt, Hanau und andere mainabwärts gelegene Städte, denn im Maintal wurde der Wein fast als Monokultur betrieben. Die Landwirtschaft spielte hier kaum eine Rolle.
In Frankfurt konnte man nicht nur den Wein gut absetzen, sondern auch das dringend benötigte Brotgetreide aufkaufen. Das Geschäft mit Wein und Getreide blühte vor allem vor dem Dreißigjährigen Krieg. Der aufmerksame Besucher wird sowohl in Miltenberg als auch in Bürgstadt viele Kellereieingänge finden können, auf denen das späte 16. oder frühe 17. Jahrhundert eingehauen ist.

Der frühe Wohlstand
Am Main kehrte Wohlstand ein, wie er noch heute in den stattlichen Fachwerkbauten zu erkennen ist, zum Beispiel an Rathäusern wie dem von Bürgstadt oder Großheubach, die Kleinstädten zur Ehre gereichen würden. Wein wurde auch an Ort und Stelle von den vielen Fuhrleuten aufgekauft, die mit nicht ganz voll geladenen Fuhrwerken von den Messen ka-men. Wie bei den Steinen liefen auch beim Wein die Bürgstädter Gewächse unter dem bekannteren Namen Miltenberger Wein.
Frankfurter Weinhändler ließen 1622 von März bis September über 240.000 Liter Wein vom Untermain aufkaufen. Man war die hiesigen Weine so gewöhnt, dass man 1623 dem Mainzer Erzbischof, der wegen der Inflation eine Weinsperre hatte verhängen lassen, androhte, kein Korn mehr folgen zu lassen, man pringe dan Wein hinunter. Die Drohung half.

Holz und Kohle
Für die Bürger der Reichsstadt lebenswichtig war die Holzzufuhr aus unserem Raum, denn Brenn- und Bauholz waren seltene Güter in Frankfurt. Nach Urkunden aus dem Frankfurter Stadtarchiv lieferten schon im frühen 15. Jahrhundert Miltenberger Schiffer Holz und auch Holzkohle mainabwärts. Die Schiffer kauften das Holz am ganzen Mainviereck auf – vor al-lem am Spessartrand - und führten es auf eigene Rechnung nach Frankfurt oder Mainz. Hunderttausende von Brennholzbündeln, sogenannte Wellen fanden so ihre Käufer in Frankfurt.

Für das feine Leben
Viele Güter, die man auf den hiesigen Märkten nicht bekommen konnte, besorgte man in Frankfurt. Der Keller des Klosters Amorbach fuhr mit dem Miltenberger Messschiff zu beiden Frankfurter Messen. Was dort alles für die Abtei eingekauft werden sollte, hielt eine 1597 erstellte informatio pro cellario fest. Die Einkaufsliste reichte von kleinen Rosinen, über holländischen Käse, Rauchkerzen, Pergament für die Schreibstube, Tintenzeug, Löffeln bis zu eisernen Pfannen. Auch Nägel beschaffte man von dort in großen Mengen. Tuche, Konfekt, Arzneien für Mensch und Tier, Spitzenhäubchen für die Fratres und Sporen als Geschenk für Beamte ließ man nach Amorbach bringen.

(Wilhelm Otto Keller Bote vom Untermain 06.10.1994)
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