Schöner Wein

Schöner Wein ist ein historischer Roman und kein Geschichtsbuch. Trotzdem sind die Örtlichkeiten und der Hintergrund, vor dem die Geschichte spielt, historisch belegt.
Miltenberg lebte über Jahrhunderte hinweg vom Handel, vor allem mit Wein. (Weinbau) So schrieb 1622 der Miltenberger Keller Johann Hartmann nach Mainz, dass „man alhie nichts als Weinwachs zu gewarten …“, wobei die größere Weinbaufläche nicht in Miltenberg, sondern im benachbarten Großheubach lag. Bereits im 11. und 12. Jahrhundert weisen die Traditionsnotizen des Benediktinerklosters Amorbach dort Weinberge nach. Auch viele Miltenberger Häcker hatten ihre Flächen in der benachbarten Gemarkung.

Neben Fischern, Schiffern, Bäckern und Metzgern haben sich in Miltenberg auch die Häcker in einer Zunft organisiert. Ihre älteste Urkunde aus dem Jahre 1510 ist heute noch im Original erhalten. Der im ersten Kapitel des Romans erwähnte Jahrestag der Häcker fand ursprünglich am Sonntag nach Fronleichnam statt. Diese Tradition hat sich bis heute bewahrt. Allerdings trifft sich der Miltenberger Häckerverein heute am Pfingstmontag in seinem Vereinslokal, dem Gasthof „Anker“.

Welchen Wert Weinlieferungen haben konnten, zeigt ein Verfahren vor einem Frankfurter Gericht, bei dem es um eine Lieferung im Wert von 563 Gulden ging, die ein Frankfurter Bürger 1565 von dem Miltenberger Hans Veith bekommen hatte. Ein Handel heutzutage in gleichem Umfang wäre ein 5 Millionen Euro Geschäft!

Wirtschaftlicher Erfolg fördert immer auch den Neid. Das ist bei vielen Zivilprozessen vor dem Stadtgericht in Miltenberg und bei den meisten Hexenprozessen als eine der wesentlichen Motive für eine Klage erkennbar. (Hexenverfolgung) Die Ohnmacht der Häcker bei Missernten und Unwetter war zusätzlicher Nährboden für Aberglaube und Hexenwahn. Die im Kapitel 10 zitierten Hexenprotokolle sind nahezu wortgetreu damaligen Aufzeichnungen entnommen.

Der erste Miltenberger, von dem wir wissen, dass er mit dem Hexenwesen in Kontakt gekommen ist, war der Henker Diepolt Hartmann, der am 14.Februar 1494 vor dem Stadtgericht zu Frankfurt aussagte. Der im Roman auf Seite 10 erwähnte Franz Österlein hat tatsächlich gelebt. Am 9. Mai 1783 klagt er gegen die Beschimpfung des Bäckermeisters Johann Georg Ott aus Miltenberg, der ihn als Hexer verschrien habe. Das war 153 (!) Jahre nachdem in Miltenberg der letzte Hexenprozess geführt worden war und zeigt, wie hartnäckig sich der Hexenglaube im Volk verfangen hatte.

Als Johann Wolfgang von Goethe an seine Frau Christiane schrieb: „Sende mir noch einen Würzburger, denn kein anderer Wein will mir schmecken, und ich bin verdrießlich, wenn mir mein gewohnter Lieblingstrank abgeht“, da war der Weinanbau an den Hängen des Maintals noch in vollem Gange. (Frankenwein) Aber der von dem Obstbauern Albert Hofmeister im Roman prophezeite Niedergang kündigte sich bereits an. (Obstbau)


Quellen und weiterführende Literatur:

750 Jahre Stadt Miltenberg. Untersuchungen zum Weinbau und Weinhandel in der Stadt Miltenberg und am südlichen Untermain bis zum Dreißigjährigen Krieg. Von Wilhelm Otto Keller. Herausgegeben von der Stadt Miltenberg 1987.

Die Abtei Amorbach im Odenwald. Neue Beiträge zur Geschichte und Kultur des Klosters und seines Herrschaftsgebietes. Herausgegeben von Friedrich Oswald und Wilhelm Störmer 1984.

Hexen und Hexer in Miltenberg und der Cent. Beiträge zur Geschichte der Hexenprozesse am südlichen Untermain. Herausgegeben von Wilhelm Otto Keller, Stadt Miltenberg, Volksbildungswerk 1989.

Obstbau am Untermain. Von den Römern bis zur Gegenwart. Jubiläumsheft zum 110- jährigen Bestehen des Kreisverbandes für Garten und Landschaft Miltenberg-Obernburg.
Herausgegeben von Roman Kempf 1992.

Ein Mund voll Frankenwein. Informationsbroschüre der Bayerischen Landesanstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau Würzburg.

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Weinbau

Im 19. Jahrhundert ging der Weinbau zurück und die Armut der Landbevölkerung wurde drückend. Der Obstbau wurde zu einem neuen landwirtschaftlichen Erwerbszweig.

Die Entwicklung des Obstbaus ruht auf mehreren Säulen. Obst wurde in privaten Hausgärten angebaut, Obstsorten wurden von Klöstern kontinuierlich gezüchtet. Bis zum heutigen Tag förderte und fördert der Staat den Obstbau und das Gartenwesen.

Den deutschen Kaiser Karl den Großen (742-814) verbanden diplomatische Beziehungen mit dem sagenhaften morgenländischen Herrscher Harun al Raschid. Sicher spielte der Einfluss des Sultans mit, als Karl bei seiner Kaiserpfalz zu Aachen einen Nutzgarten anlegen ließ, der auch ein wenig den Charakter eines Ziergartens hatte.

Für sein Frankenreich gab Karl feste Richtlinien dafür aus, was anzubauen sei. Diese Anordnungen wurden im „Capitulare de Villis“ niedergelegt, wobei wahrscheinlich ein Benediktinermönch die Feder geführt hat. Die Anweisungen wurden von Mönchen verbreitet, ihre Einhaltung wurde von Beamten kontrolliert. Das 70. Kapitel des „Capitulare“ enthält 73 Kräuter und Stauden sowie 16 Obst- und Nussbäume.

Karls agrarpolitische Maßnahmen hatten nur ein Ziel: bei Obst und Gemüse die Selbstversorgung der Bevölkerung zu sichern. Nun macht Selbstversorgung zwar satt, aber nicht reich. Die Lust der Landbevölkerung, mehr Obst zu produzieren, als für den eigenen Bedarf gebraucht wurde, und damit Geld zu verdienen, hielt sich deshalb in grenzen. Außerdem war das Land ja zum größten Teil im Besitz weniger Adliger und einiger Klöster. Und schließlich war Obst damals wie heute eine leicht verderbliche Ware. Transporte über große Strecken waren schwierig und risikobeladen.

Zwischenstation Weinbau

Anders verhielt es sich mit dem Wein. Wenn er einmal gekeltert und im Fass war, konnte er nahezu überall hin transportiert werden. So war es der in großer Breite gepflegte Weinbau, über den der Weg zum landwirtschaftlich betriebenen Erwerbsanbau führte. Als der rheinländische, pfälzische, elsässische und der ausländische Weinbau im 15.Jahrhundert seine größte Ausdehnung erreicht hatte, ging er infolge der ungünstigen Veränderungen der klimatischen Verhältnisse – das Klima zwischen 1640 und 1710 wird wegen der häufigen Kälteeinbrüche „kleine Eiszeit“ genannt – und der vielen schlechten Erntejahre stark zurück. Der Verbrauch an Bier und seit 1700 auch an Apfelwein nahm zu.

Der gewöhnliche Landwein war oft sehr sauer und kaum genießbar. Von dieser Zeit an entwickelte sich der bisher wenig beachtete Frankenwein zur gesuchten Handelsmarke. Er wurde längs des mains und im Taubertal in großem Umfang angebaut. Der Wein der Miltenberger Gegend, besonders der Klingenberger, aber auch der Großheubacher und daneben der Miltenberger und Bürgstädter, genossen einen guten Ruf.

Wein wichtiger als Obst

Der Weinbau und Weinhandel machte Miltenberg sogar zeitweilig zu finanzkräftigsten unter den Städten des Mainzer Oberstifts. Weinanbau brachte auch Prestige. Die Häcker distanzierten sich von den übrigen Bauern und schlossen sich zu Hubenverbänden zusammen, aus denen eine Art von ländlichen Zünften entstand.

Ein wichtiger Indikator für die Bedeutung des Weinbaus in der damaligen Zeit sind die Preise für Weinberge. In Miltenberg erzielte 1608 ein Viertelmorgen (etwa 500 Quadratmeter) Weinberg in der „Steige“ den Spitzenpreis von 142 Gulden. Der Durchschnittswert von Häusern, die 1608 verkauft wurden, betrug 356 Gulden. 1500 Quadratmeter Weinberg waren also teurer als ein Wohnhaus. Angesichts dieser Preisverhältnisse verwundert es nicht, dass die Häcker in Notsituationen lieber ihr Haus verkauften und zur Miete wohnten, als sich von ihrem Weinberg zu trennen.

Unter diesen Umständen hatte der Obstbau dort, wo Weinbau möglich war, keine Chance. Und man baute im Maintal und in den Seitentälern fast überall Wein an. Alte Abbildungen zeigen, dass zu jener Blütezeit in den Weinbaugemeinden sämtliche Hänge vom Baumwuchs gerodet und mit Weinmonokulturen überzogen waren. Zwar nutze man die freien Räume zwischen den Rebstöcken für den Anbau von Rüben, Gerste und auch von Obstbäumen, doch dürfte der Ertrag aus diesen Zwischenkulturen von untergeordneter Bedeutung gewesen sein.

In Miltenberg schlossen sich beispielsweise zehn Bürger zusammen, um einen gemeinsamen Weingarten zu bewirtschaften. Sie vereinbarten ausdrücklich, dass darin keine Bäume gepflanzt werden dürfen. Noch 1818 ordnete Landrichter Braun für den Raum Obernburg die Entfernung der in den Weingärten angepflanzten Obstbäume an, da ihr Schatten das Wachstum der Trauben hemme.

Staat schützt den Weinbau

Im 30jährigen Krieg hatten die Weingemeinden im Untermaingebiet unter Truppendurchzügen zu leiden, die Verwüstungen, Plünderungen und teilweise sogar die Einäscherung vieler Höfe mit sich brachten. Pest und Hungersnöte dezimierten die Bevölkerung drastisch. Dem arbeitsintensiven Weinbau fehlten die Arbeitskräfte. Vielerorts verwilderte manch gute Weinlage.

An den Wiederaufbau nach dem Krieg schloss sich der nächste große Aufschwung des Frankenweines an. Es gab gute Erntejahre. Der Frankenwein entwickelte sich im 17.Jahrhundert zum Modewein. Staaten, die sich dem Merkantilismus verschrieben hatten, hielten die ausländische Konkurrenz weitestgehend fern und förderten den eigenen Weinbau in hohem Maß. Ein Zeugnis für die Förderung der Mainzer Bischöfe ist der Name der größten Großheubacher Weinlage: der Bischofsberg.

Vor den 30jährigen Krieg war im fränkischen Weinhandel der Klingenberger die maßgebende Weinmarke. 1796 war Großheubach mit einer nachgewiesenen Rebanbaufläche von 101 Hektar (heute 48 Hektar) die größte Weinbaugemeinde des Umlandes.

Zeichen der Krise

Der Frankenweinhandel konnte die Bedeutung, die er in der Mitte des 18. Jahrhunderts erlangt hatte, nicht halten. Nachdem die Frankenweinhändler einige Jahrzehnte den Weinmarkt beherrscht hatten, wurden sie allmählich durch die Konkurrenz (Pfalz, Mosel, Italien) zurückgedrängt, die nun aufgrund der Errungenschaften des Liberalismus (Handelsfreiheit, Verkehrsentfaltung) stark in Erscheinung treten konnte.

Schlechte Erntejahre und allmählicher Preisverfall begünstigten den Niedergang der fränkischen Weinwirtschaft. Zwar konnte man Rebanbautechniken in gewissen Bereichen verbessern, doch musste man immer noch häufig Einbußen durch Schädlingsbefall und Rebkrankheiten hinnehmen. Schädlingen und Krankheiten stand man damals machtlos gegenüber, oft schrieb man sie noch der Hexerei und bösen Zauber zu. Es fielen auch die Preise. 1793 kostete der Eimer Großheubacher Most zwischen 18 und 22 Gulden, 1794 nur noch 10,5 bis 16,5 Gulden. Die unterfränkischen Durchschnittspreise lagen noch niedriger: 1812 bei 2 bis 6 Gulden.

Rückgang des Weinbaus

Zwischen 1814 und 1816 kamen das Maintal- und Spessartgebiet zum Königreich Bayern. 1814 führte Bayern das Salzmonopol ein und verbot den Import von Salz aus Hessen und Sachsen. Das wirkte sich weiterhin nachteilig auf den unterfränkischen Weinbau aus, denn im Gegenzug kauften diese Länder keinen unterfränkischen Wein mehr.

Auch die Produktionsverhältnisse hatten negative Folgen für den Weinbau. Die durch die Erbteilung eingetretene Flurzersplitterung erschwerte die rationelle Bewirtschaftung der Rebflächen. Das führte zu niedrigeren Hektarerträgen und zu verminderter Rentabilität. Da die Häcker gleichzeitig unter dem Druck der Gült- und Zehntabgaben standen, die sie in Naturalien (also in Wein) zu leisten hatten, waren sie mehr an Menge als an Qualität interessiert.

Das Obst löst den Wein ab

Diese Situation wurde auch durch das bayrische Grundentlastungsgesetz von 1848 nicht verbessert. Darin wurden die Naturalabgaben der Häcker in Geldleistungen umgewandelt. Die Notwendigkeit, dieses Geld aufzubringen, verstärkte die Abhängigkeit der Winzer von dem weiterhin schwindenden Markt.

Ein Hauptgrund für den Rückgang des Weinbaus war, dass die Qualität des Frankenweins nicht mehr dem verfeinerten Geschmack der Verbraucher entsprach, der sich mehr und mehr dem Rheinwein zuwandte. Zunehmend vernachlässigten die Winzer die guten Weinberge und bauten stattdessen Wein auf Flächen in der Ebene an, die leichter zu bearbeiten, aber schlechtere Lagen waren.

Wegen der Verlagerung von Qualität auf Quantität konnte der Frankenwein seine Stellung gegenüber den neu aufgekommenen billigeren Getränken nicht mehr behaupten. So wurde das Bier, dessen Preis erheblich unter den des Landweins gesunken war, immer beliebter. Auch der Apfelwein bürgerte sich in Unterfranken ein und wurde schließlich zum charakteristischen Getränk des unteren Mainlandes.

In Großheubach nahm die Zahl der Obstbäume von 6300 (1812) auf 27239 (1900) zu. Dies ging zu Lasten des Rebanbauflächen. Der Frankenwein war nun qualitativ dem Bier und dem Apfelwein nicht mehr gewachsen. Am Beispiel Großheubach verdeutlicht folgende Statistik den Aufstieg und Niedergang des Weinbaus:

1771 Rebanbaufläche: 56,6 Hektar
1797 Rebanbaufläche: 101,0 Hektar
1838 Rebanbaufläche: 96,0 Hektar
1895 Rebanbaufläche: 74,0 Hektar
1990 Rebanbaufläche: 48,0 Hektar


Die Regierung hilft

Im 19. Jahrhundert ließen Armut, Missernten und Schädlinge unsere Heimat zu einem Notstandgebiet werden. Ungünstige Boden- und Strukturverhältnisse in diesem Realteilungsgebiet mit klein- und kleinstbäuerlichen Betrieben auf zum teil mageren Buntsandsteinverwitterungsböden taten ein Übriges. Viele Bauern wanderten aus.

Diejenigen, die in der Heimat blieben, suchten neue Erwerbsmöglichkeiten. Sie fanden, dass sich die Boden- und Klimabedingungen am Untermain für die Ausweitung des Obstbaus eigneten und pflanzten verstärkt Obstbäume. Dabei hatten sie die Unterstützung der Regierung, die mit einem groß angelegten Obstbauprogramm half. Als Instrument bediente sie sich der Obstbauverein, die mit ihrer Förderung und sogar auf ihr Drängen hin entstanden.

Die Obstbauvereine gingen aus den landwirtschaftlichen Vereinen hervor, einer halbamtlichen Vereinigung, die sich auf Landesebene mit der Förderung von Landwirtschaft und Obstbau befasste. Auf der Ebene der Bezirke wurden die Bezirks-Obstbauvereine ins Leben gerufen („Bezirke“ hießen damals die Landkreise). Sie waren der unmittelbare Transmissionsriemen der Regierung und fungierten gleichzeitig als Dachverbände für die lokalen Obstbauvereine, die in den Dörfern entstanden.

 

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Obstbau

Das Obst der römischen Gärten und die Äpfel der Amorbacher Mönche

Unter Kaiser Domitian (81-96 n. Chr.) besetzte Rom das Untermain- und Odenwaldgebiet. Zur Abgrenzung gegen das freie Germanien wurde eine Linie festgelegt, der Limes. Unter Kaiser Antoninus Pius (138-161 n. Chr.) rückte die römische Armee noch einmal vor. Jetzt bildete von Großkrotzenburg über Obernburg bis Miltenberg der Main den „nassen“ Abschnitt des neuen Limes.

Die Römer hatten schon sehr früh aus dem Orient alle nur denkbaren Obstarten eingeführt. Im 1.Jahrhundert vor Christus glich Italien den Schilderungen des gelehrten Schriftstellers Varro zufolge einem einzigen Obstgarten. Fünf Techniken des Veredelns waren bekannt. Für die 17 bekannten Birnensorten gab der römische Gartenschriftsteller Columnella folgenden Rat: „Man sehe darauf, dass man die Birnengärten mit möglichst edlen Sorten bepflanzt“.

Diese Begeisterung für den Anbau von Obst brachten die Römer nach Germanien, wo damals das Klima günstiger war als heute. Sie legten bei ihren Villen in Köln, Xanten, Utrecht, Trier und Mainz die ersten Gärten mit südlichen Nutz- und Zierpflanzen an. Bis zum Niederrhein und bis Südschweden wurde Weinbau betrieben. Freilich machten diese Fortschritte am Limes Halt. Er trennte das besetzte südliche vom nördlich gelegenen freien Germanien. Jahrhunderte lang hinkte deshalb der Obstbau in Norddeutschland hinter dem süddeutschen her.

Neben dem Donautal gehören das Maintal im Bereich des „nassen“ Limes und die angrenzenden Hänge von Odenwald und Spessart mit fruchtbaren Tälern und Höhenfeldern zu den ältesten Kulturlandschaften Deutsachlands. Während der römischen Zeit entstand eine blühende Landwirtschaft auf dem Westufer des Mains und seinem Hinterland. Viehzucht und Obstbau waren Schwerpunkte des von Veteranen betriebenen Ackerbaus. Zudem förderte Kaiser Probus den Anbau von Wein außerhalb Italiens.

Traubenkerne, die sich in den Mainkastellen fanden, können wir als hier gewachsen ansehen. Acht Apfelsorten, drei Quittensorten, die Mispel, einige Pflaumensorten und mehrere Sorten Süßkirschen wurden im römischen Reich und allmählich auch in Süddeutschland angebaut. Bei den Kirschen wurde schon unterschieden zwischen zartschaligen dunklen Sorten und Knorpelkirschen mit härterem Fleisch, die auch für den Transport geeignet waren. Auch die bunten (tricolore) Kirschen waren bekannt. Datteln, Feigen und Esskastanien wurden als Früchte nach Germanien exportiert, nachdem man festgestellt hatte, dass dort ihr Anbau auf Schwierigkeiten stieß.

Alte Obstsorten, die zumindest teilweise aus der römischen Gartenkultur stammen, sind: Sankt-Johannis-Apfel, Weinapfel, Kohlapfel, Süßapfel, Muskatellerbirne, Winterbirne Käsbirne, Kochbirne, Birnenquitte, Amarellen-Kirsche, Bunte Kirsche, Sankt-Johannis-Pfirsich.

Der Ursprung des planmäßigen Obstbaus war wohl der Hausgarten. Hier, in unmittelbarer Nähe der Behausungen wurden die ersten Apfel- und Birnbäumchen gepflanzt. Zum Schutz vor Tierfraß oder Diebstahl war der Garten stets von einem Zaun umgeben. Einen so eingefassten Bereich bezeichnete man mit dem indogermanischen Begriff „ghorton“ oder „hort“. Man findet ihn in unserem Wort „Garten“ oder indem lateinischen Wort „hortus“ wieder.

Im „Pactus legis Salicae“, einem Gesetzbuch aus dem 6. Jahrhundert, bildet der Garten zusammen mit dem Haus einen eigenen Friedens- und Rechtsbereich, den Unbefugte nicht betreten durften und in den hinein keine Speere geworfen und keine Pfeile geschossen werden durften. Es war verboten, weiter außerhalb ein Stück Land mit Zaun „einzufangen“. Diebstähle aus dem Garten wurden unterschiedlich geahndet: Wiedergutmachung und Geldbuße beim Eindringen in den Obstgarten, mildere Strafen bei Diebstählen im Gemüsegarten. Vor eineinhalbtausend Jahren gab es also schon die Zweiteilung unserer Bauerngärten in die Baum- und die davon getrennten Gemüsegärten, wobei die Früchte des Baumgartens das höherwertige Rechtsgut waren. Aber auch viele Wildfrüchte wurden damals verwendet, rund zehnmal so viel wie gezüchtetes Obst. Gartenobst versüßte im Mittelalter das saure Leben. Honig gab es damals vor allem für die Reichen; der Rohrzucker kam erst nach der Entdeckung Amerikas und der billige Rübenzucker erst im 19. Jahrhundert.

Noch wichtiger als die Hausgärten waren die Klöster für den Aufschwung der Gartenkultur. Männer und später auch Frauen taten sich in frommen Gemeinschaften zusammen. Vom Gärtnern war zunächst nicht die Rede, im Gegenteil: Körperliche Arbeit galt im frühen Mittelalter als unfein und wurde Unfreien, Frauen und Bauern überlassen. Man hielt es für selbstverständlich, dass heiligmäßig lebende Männer vom arbeitenden Volk zu ernähren waren.

Als Benedikt von Nursia (ca. 480-547) seinen Mitbrüdern neben dem Gebet auch die Arbeit abforderte, schien es seinen Mitbrüdern zunächst als undenkbar, ihr Leben nicht nur in Keuschheit, Armut und Gehorsam, sondern auch noch in Arbeit zu verbringen.

Aber bald wurde der Obstbau zu einem wichtigen Tätigkeitsfeld der Klöster. Der große Vorteil, den die Klosterwelt hatte und nutzte, war der lange zeitliche Atem, mit dem über Jahrhunderte hinweg der immer größer werdend Schatz der aus Experimenten, Beobachtungen und Züchtung gewonnenen und aufgezeichneten Erfahrung kontinuierlich weitergegeben wurde.

Eine der frühesten Klostergründungen am Untermain war die Benediktinerabtei Amorbach (734). 1790 wurde dort das „Verzeichnis der in dem Konvents- und Prioratsgarten angepflanzten Obstsorten“ verfasst, die älteste bekannte Aufzeichnung, die es in unserem Gebiet über den Anbau von Obst gibt. 192 Obstbäume standen im klösterlichen Obstgarten von Amorbach. 50 Sorten sind namentlich erwähnt und sehr ausführlich nach den „verschiedenen Eigenschaften und Kennzeichen der Bäume und Früchte“ beschrieben.

Wir finden dort z.B. die Graue Reinette, die als lagerfähige Frucht beschrieben ist, „die sich bis zu den neuen Äpfeln hält“. Eine andere Apfelsorte aus dem Amorbacher Verzeichnis ist Baum Nr.57 (Le Postophe d’hiver, Borstorfer): „Dieser Apfel ist von Geburt ein deutscher und kommt aus Borstorf, einem kursächsischen Dorf im Amte Leipzig. Seine Vortrefflichkeit ist sattsam bekannt, und er ist bei den Deutschen das, was bei den Engländern der Gold Pepin, und bei den Franzosen der Calville blanche ist. Im Außenlande kömmt er nicht gut fort, und gibt auch unter allem Obst den vornehmsten Wein.“

Oder Baum Nr.8 (Gold Pepin, Englischer Goldmatt, La Pomme d’or, Reinette d’Angleterre): „Dieser ist einer der herrlichsten Äpfel, und von einem gewürzhaften delikaten Geschmack, zartem gelblichem Fleisch, gibt vielen süßen Saft. Seine Schale ist glatt und wird goldgelb. Dessen Größe ist mittelmäßig und gleicht meist dem Borstorfer, ist aber zum teil etwas länglich. Der Baum wird von mittelmäßiger Größe, wächst geschwind, und wird bald tragbar. Ist auch außerordentlich fruchtbar.

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Frankenwein

Frankenwein ist ein Wein zum Genießen und nicht zum gedankenlosen Trinken. In einem Mundvoll Frankenwein liegen Herz, Charakter, Reinheit und eine über 1200 jährige Geschichte. Der Frankenwein ist ein Kennerwein, in den man sich Schluck für Schluck hinein trinken muss, um ihn immer wieder neu zu entdecken.

Dieser sortenreine, sorgfältig und liebevoll gepflegte Wein hat schon immer sein Geld gekostet. Kein Weinbau ist so schwierig und kostspielig wie der im Frankenland. Die steilen Berghänge mit den schweren, steinigen Böden verlangen dem Winzer alles an körperlicher Kraft und fachlichem Wissen ab.

Aschaffenburg und Miltenberg im Westen, Bad Brückenau, Hammelburg und Bad Kissingen im Norden, Bamberg im Osten und Rothenburg im Süden umgrenzen diesen anmutigen Teil Deutschlands. Hier überschneidet sich an den Hängen des Spessarts, des waldreichsten Mittelgebirge Europas, das maritime Klima des Westens mit dem kontinentalen Klima des Ostens.

Glimmerschiefer, Gneis, Granit, Bundsandstein, Muschelkalk und Keuper geben das Substrat, in dem Frankens Reben wachsen. Lage-, Großlage- und Bereichsnamen kennzeichnen die Herkunft der Weine und geben dem Kenner einen Hinweis auf die den Frankenwein prägende Art.

Die charakteristische Weinflasche des Frankenweines ist der Bocksbetel. Die Form dieser originellen Flasche ist sehr alt. Im Mainfränkischen Museum in Würzburg befindet sich eine kleine Flasche aus der Zeit um 1400 vor Christi, die dem heutigen Bocksbeutel gleicht. Auch in Gemälden und Schnitzereien aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert ist der Bocksbeutel als Zeichen der Lebensfreude zu entdecken.

Es gibt verschiedene Deutungen des Namens Bocksbeutel – zwei davon zur Auswahl – : Einmal die Verballhornung des Wortes „Bugsbeutel“, jenem Beutel, den die Mönche am Gürtel trugen, und in dem anstatt des Gebetbuches öfters ein Weinfläschchen verwahrt wurde – zum anderen in des Wortes klarster Bedeutung, die Ähnlichkeit mit dem Beutel des Bockes.

Hier eine kurze Beschreibung der wichtigsten fränkischen Rebsorten:

Der Riesling
ist eine alte, sehr spät reifend Weißweinsorte. Rieslingweine haben einen hochfeinen, edlen und vornehmen, pfirsichähnlichen Fruchtgeschmack. Sie sind körperreich, charaktervoll und je nach Lage nervig, strahlig oder vollmundig. Rieslingweine sind die Weine des Weinkenners. Sie passen zu feinen Fischspeisen und Filetsteaks.

Der Silvaner
ist die Hauptweißweinsorte des fränkischen Weinbaugebietes. Vermutlich aus dem Donaugebiet stammend, ist sie als „Österreicher“ im 17. Jahrhundert nach Franken gekommen, wo sie heute als Frankensilvaner eine eigene Sorte darstellt. Die Weine sind bukettneutral und je nach Lage kräftig bis breit, füllig und erdig. Silvanerweine sind recht zu kräftigen Brotzeiten und zu Eisbein, Rippchen, Bratwurst oder Schlachtschüssel.

Der Müller-Thurgau
wurde von Professor Müller-Thurgau 1883 in Geisenheim (Rhein) gezüchtet. An Boden und Klima stellt diese Sorte geringe Ansprüche. In den Keuperböden des Steigerwaldes bringt sie reife und aromatische, elegante und fruchtige Weine, deren Ruhm weit über Bayerns Grenzen geht. Müller-Thurgau-Weine sollten im Allgemeinen jung getrunken werden. Zur Tafel eignen sie sich besonders zu zarten Kalbfleischspeisen.

Der Gewürztraminer
ist die älteste Rebsorte des deutschen Weinanbaugebietes. Ihr Alter wird auf 1500 Jahre geschätzt. Sie ist benannt nach dem Weinort Tramin in Südtirol. Die Weine dieser Sorte sind ausgesprochene Liebhaberweine. Für den Weinanbauer ist diese Rebe unwirtschaftlich, da sie ein unsicherer Träger ist. Sie wird aber dennoch angebaut, um den verwöhnten Kunden und Genießer zufrieden zustellen. Im Bukett sind die Weine duftig, im Körper zart und vornehm, im Abgang würzig. Gewürztraminer ist der exklusive Wein zu Geflügel.

Ortega
Ist benannt nach dem spanischen Philosophen Ortega y Gasset, der in Deutschland lehrte – ein spanischer Grande vom Scheitel bis zur Sohle. Edel wie sein Namenspatron ist auch der Wein. Die Ortega-Rebe reift sehr früh; sie liefert jedes Jahr vollreife und alkoholreiche Weine. Diese haben ein feines Pfirsich-Muskat-Bukett, sind im Körper voll, rund, kräftig, mild, reif und harmonisch. Sie hinterlassen einen angenehmen, lang anhaltenden Nachgeschmack. Man trinke sie zu feinen Fleischpasteten und glacierten Hummer- und Langustenschwänzen.

Der Spätburgunder
ist eine sehr verbreitete Qualitäts-Rotweinsorte. Der Spätburgunder ist der deutsche Burgunder. Während bei uns die Weine nach der Rebsorte benannt werden, kennzeichnet Frankreich seine Weine nach den Herkunftsgebieten. Ein französischer Burgunder stammt also aus Burgund. Einen deutschen Burgunder darf es nicht geben, da dieser Name für Frankreich geschützt ist.
Spätburgunder vom Untermain sind bekannt und beliebt. Sie sind kräftig, reif, mollig und samtig. Um einen Rotwein richtig beurteilen zu können und einen vollen Genuss zu haben, sollte er nicht unter einer Temperatur von 18 Grad Celsius getrunken werden. Es gibt nichts Delikateres als einen Wildbraten mit fränkischen Rotweinen.

Der Portugieser
ist ein unkomplizierter, süffiger und frischer roter Schoppenwein. Seine Herkunft kann nicht eindeutig belegt werden. Die Rebe stellt geringe Boden- und Lageansprüche. Treten keine Schäden durch Winterfröste ein, gilt der Portugieser als wüchsig und ertragssicher. Ohne all zuviel Tannin entwickelt er sich schnell und ist schon im Frühjahr ein harmonischer, gut trinkbarer Wein. In seinem verhaltenen Duft finden wir Anklänge von Johannisbeere, Himbeere oder Erdbeere, mitunter auch einen Pfefferton. Der Portugieser kann nahezu zu allen Gerichten getrunken werden.

Der Weißherbst
ist keine Rebsorte, sondern wird aus einem hell gekelterten Rotwein hergestellt. Im Gegensatz zum klassischen Rotwein wird er erst vergoren, nachdem der Most von der Maische getrennt wurde. Dadurch erreicht man, dass er wenig Gerbsäure enthält und er damit zu den am besten verträglichen Weinen gehört. Der Weißherbst, der auch Rosé genannt wird, ist wie Weißwein kühl zu trinken.

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Hexenverfolgung

Der Glaube an Hexen und ähnliche Erscheinungen ist uralt. Im Mittelalter wurde derlei Aberlaube von der Kirche nicht geahndet. Erst als im Hochmittelalter der relativ harmlose Hexenglaube mit dem Ketzerproblem, also dem Abfall von Gott, in Zusammenhang gebracht wurde, wurde er für Menschen zur tödlichen Gefahr.

Der im Spätmittelalter reifende Hexenglaube wurde im Jahr 1487 im „Malleus maleficarum“, dem Hexenhammer der Dominikanermönche Heinrich Institoris und Jakob Sprenger zusammengefasst und systematisiert. Er sollte für die Zukunft gleichsam als Handbuch für die Hexenverfolgung furchtbare Folgen haben. Der junge Buchdruck trug wesentlich zur Verbreitung dieses Werkes bei. Der „gemeine Mann“ oder der einfache Bürger dürfte von diesen Büchern und Traktaten wenig gewusst haben, der Inhalt wurde ihnen aber sicher von der Kanzel vermittelt, denn die Pfarrer bedienten sich für ihre Hexenpredigten dieser Quelle.

Es gibt viele Versuche, die periodischen Ausbrüche des Hexenwahns zu erklären. In der letzten Zeit bringt man sie mit klimabedingten Verschlechterungen und der materiellen Lage der Bevölkerung in Zusammenhang. Wolfgang Behringer spricht gar von einer „Verdüsterung des Weltbildes seit 1560“. Nach 1560 häufen sich die schlechten Jahre derart, dass le Roy Ladurie sogar von einer „kleinen Eiszeit“ schreibt. Es sei deshalb häufiger zu Teuerungen beim Brotgetreide gekommen, was unter der Bevölkerung erhebliche Unruhe auslöste. Sündenböcke wurden gesucht.

Gehen wir dieser Frage einmal in unserem Raum nach. Miltenberg und die Cent mit ihren Talorten waren fast ausschließlich Weinbauorte. Jeder hatte neben seinem Beruf, so er nicht ausschließlich Häcker war, eine Anzahl Weingärten, die einen wesentlichen Teil seines Jahreseinkommens erbringen mussten.

Eine Gegend, die fast nur Wein anbaut, musste ihr Getreide andernorts besorgen. Dies schuf weitere Abhängigkeiten. Im November 1593 kündigte sich „bevorstehender Mangel an Brot“ an, so das Ratsprotokoll und bereits im Januar 1594 fand in Miltenberg ein Hexenaufruhr statt

Es war aber nicht nur Brot knapp. Entscheidend für die Finanzlage der Bürger und Häcker war der Ertrag der Weinernte und die Möglichkeit, den Wein abzusetzen. Man kann davon ausgehen, dass die meisten Jahrgänge des Jahrzehnts vor 1594 keine guten Erträge brachten – weder an Menge, noch an Qualität. Herausragende Ausnahme war das Jahr 1590, in dem zwar wenig, aber sehr guter Wein wuchs, wie eine Inschrift am Bürgstädter Rathaus verkündet. Die Lesetermine lagen meist spät im Oktober oder Anfang November, was auf schlechte Ernten schließen lässt. Kein Wein – kein Geld für Nahrungsmittel! In Miltenberg war die Situation so schwierig, dass im Jahr 1589 nicht weniger als 10% des gesamten Hausbestands den Besitzer wechselten. Die von Weinbau abhängigen Bürger verkauften eher ihr Haus als ihren Weingarten.

Auch das Jahrzehnt vor der ersten großen Verfolgungswelle in der Cent Bürgstadt und in Miltenberg war von Angst um die Weinlese und die Getreideernten erfüllt. Die Lese des Jahres 1606 fiel zwar reichlich aus, aber der Wein war sauer. Im Jahr darauf gab es wenig, aber guten Wein. 1608 war wieder ein „missfälliger Herbst“, da die große Kälte in den Monaten Januar und Februar den Stöcken geschadet hatte. 1609 gab es bereits Oktoberfröste. Trotz vieler Hagelschläge war der 1610er recht gut geraten, dafür die Getreideernte aber katastrophal ausgefallen. Die Preise, die schon seit 1606 im Steigen waren, zogen sowohl in Frankfurt als auch in Würzburg stark an. Der Winter brachte Teilen Frankens eine Hungersnot. Nach dem Pestjahr1611 gab es 1612 den nächsten Engpass beim Brotgetreide, denn die 1611er Ernte war wegen der Fröste im Frühling schlecht ausgefallen. Im April 1612 bekam man in Miltenberg für 1 Albus nur noch ein Pfund Brot. 1605 hatte man noch 2,5 Pfund dafür kaufen können. Im Jahr 1613 war der Brotpreis bis zum August zwar gefallen und man bekam 2 Pfund Roggenbrot für 1 Albus, dafür hatte aber in diesem warmen Sommer die Pest wieder Einzug gehalten „in hac civitate satis calamitosus“, wie Stadtschreiber Paul Rauenberger zum Jahresende ins Ratsprotokoll schreibt.

Ab 1624 kamen die Brotpreise wieder ins Lot. Doch war im Jahr darauf schon wieder eine schlechte Ernte.

In diesem Katastrophenjahr schlägt die nächste Verfolgungswelle wiederum von Freudenberg, wo die Situation nicht anders gewesen sein dürfte, in die Stadt Miltenberg. Im Jahr 1627 wird zwar „Gott sey gelobt“ das Getreide billiger, dafür ist der Wein so sauer, dass ihn niemand trinken möchte. Zusätzlich geht in Miltenberg, Bürgstadt und auch Eichenbühl die Pest um. Im Jahr zuvor hatte der Erzbischof gewechselt. Für den Nachfolger muss als zusätzliche Steuer das Palliumgeld aufgebracht werden. Der Druck auf die Bevölkerung verstärkt sich. Die Missjahre hörten nicht auf. 1628 war ein so nasser und kalter Sommer, dass die Trauben am Weinstock erfroren. An manchen Orten hat es gar keinen Wein gegeben und da, wo man am 14. November gelesen hat, war der Wein so sauer, dass er nicht zu trinken war. Der 1629er war wenigstens wieder mittelmäßig. Dann ist 1630 so viel guter Wein gewachsen, dass die Fässer nicht ausreichten.
Ob das Ende der Hexenprozesse im Jahr 1630 mit dieser Verbesserung beim Weinertrag zusammenhängt, ist nicht zu sagen.

Im Jahr 1641 suchen die Bürger wieder um das Hexenbrennen an, denn in Miltenberg ist der Wein erfroren und verdorben und in Freudenberg nicht. Das kann nur durch die Agenten des Teufels, die Hexen, bewirkt worden sein. Die Beamten des Erzbischofs verhalten sich aber sehr passiv. Sie wollen erst einmal Erkundigungen beim Grafen von Wertheim einziehen. 1642 bringt die Stadt die Supplik wieder in Erinnerung. Nichts geschieht.1644 werden am 23. April alle Viertelmeister beim Rat vorstellig, mit dem Hexenbrennen zu beginnen. Nachdem sämtliche Zünfte dahinter stehen, will sich der Rat an die Obrigkeit wenden. Am 21. Mai lässt der Amtmann wissen, dass er Bedenken habe und nichts unternehmen werde. Seither ist von Hexenverfolgungen in der Stadt Miltenberg nichts mehr zu hören.
Die unglaublichen Ereignisse, bei denen Menschen unter der Folter gestanden, mit dem Teufel im Bund zu sein, von Gott abgefallen und bei Hexentänzen gewesen zu sein, das Wetter gemacht und Unzucht mit dem Buhlgeist getrieben zu haben, dies geschah alles in einem Zeitraum von knapp 40 Jahren zwischen 1594 und 1630.
Der Neid spielt dabei eine Große Rolle. In Miltenberg und in Bürgstadt wird ein Großteil der Oberschicht verfolgt, das sieht man an den Vermögenswerten. Männer und Frauen werden unterschiedslos angegeben. Dies unterscheidet sich sehr stark vom Freigericht Alzenau, wo hauptsächlich Frauen die Opfer waren. Auch in südwestdeutschen und bayerischen Prozessen sind es in der Regel mehr Frauen als Männer, die verfolgt werden. In Miltenberg und der Cent kann man von Frauenverfolgung nicht sprechen. Allerdings spielen sexuelle Dinge in den Prozessen eine große Rolle. Es wird freizügig über Ehebrüche berichtet, mit Nennung von Namen und Daten. Dies geht quer durch die sozialen Schichten.

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